„Wenn sich Erkenntnis in dreidimensionaler Form
manifestiert, entsteht eine Form mit Eigenschaften.“
Eberhard Schwarzenbach
Die Formfindung
Das Gestaltungsprinzip, auf das sich der Künstler bezieht, basiert auf seinem genauen Studium der griechischen Plastik. Die hier vorgefundenen Proportionen, Formkorrespondenzen und Algorithmen haben für ihn eine bis heute bleibende Gültigkeit und diese fast ingenieursartigen Gesetzmäßigkeiten wendet er in seinen Werken bewusst an. Er spricht, bezogen auf sein Werk, vom einem „System der Korrespondenzen" und meint damit, dass diesem ein Gestaltungsprinzip zugrunde liegt, das immer wieder auftaucht und auf das sich alle Formen beziehen. Es ist der Skulptur ein „Algorithmus in dreidimensionaler Form" eingeschrieben, so seine Formulierung und dadurch ist jegliche Beliebigkeit bei der Formgebung ausgeschlossen. Erst wenn die Skulptur in all ihren Teilen durchkomponiert ist, entsteht das beabsichtigte komplexe System und damit tritt eine Form von Abstrahierung ein. Dadurch kann man nicht von Realismus im herkömmlichen Sinn mehr sprechen. Der vorhandene Algorithmus ist die Metaebene, die sich wie eine Blaupause in der Arbeit abbildet.
Die Skulptur stellt zwar die Figuren realistisch dar, die Komposition beruht aber auf der geometrischen Form des Dreiecks sowie auf Schwung und Gegenschwung – ein Kompositionsverfahren, das man in der klassischen Kunst immer wieder vorfindet. Die Rhythmik der Formen ist hier wichtiger als die exakte und naturgetreue Anatomie. Die bestimmende Form des Dreiecks und die kompositorischen Sichtachsen kann der aufmerksame Betrachter in der Skulptur immer wieder fnden. Das grundlegende Gestaltungsprinzip, das der Künstler anwendet, ist so erkennbar.
Interessant ist auch, an welchen Stellen der Künstler die Skulptur mehr im Detail ausformuliert und wo er die Oberfläche des Steins in roherem Duktus lässt. Damit entstehen, wenn man die Skulptur umkreist, interessante Blickpunkte und man entdeckt immer wieder „neue Korrespondenzen" und Spannungsfelder im Werk.
Die Skulptur ist ein Spiel von Volumen und Oberfläche, Proportionen und Rhythmik, Licht und Materialität und der Achsen. Das gekonnte Spiel dieser Qualitäten schafft die Lebendigkeit und Gültigkeit der Form.
Text: Thomas Redl